Offener Brief zum Thema „Männer-Inkontinenz“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Harninkontinenz ist eines der großen Tabuthemen unserer Gesellschaft. Unter dem Motto „Was nicht sein darf, gibt es auch nicht“ gilt das besonders für Männer, die so etwas Unangenehmes gerne verdrängen bzw. völlig tot schweigen. Harninkontinenz bedeutet, dass der Betroffene unter unwillkürlichem, unfreiwilligem Harnverlust leidet und somit nicht in der Lage ist, den Zeitpunkt des Wasserlassens selbst zu bestimmen.

Ignorieren hilft jedoch nicht, denn die Faktenlage spricht eine ganz andere Sprache: Allein in Deutschland leiden ca. 2 bis 3 Millionen Männer an einer Harninkontinenz. Tendenz wegen der allseits bekannten Alterspyramide steigend. Und da der Prostatakrebs mittlerweile die häufigste Männerkrebsart ist und bestimmte Behandlungsmethoden oft eine zumindest vorübergehende Inkontinenz zur Folge haben, werden zukünftig natürlich auch noch mehr Männer von diesem Problem betroffen sein.

Die Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Siegen nimmt die „Welt-Kontinenz-Woche“ zum Anlass, auf ein konkretes Männerproblem aufmerksam zu machen:

Während es selbstverständlich ist, dass sich auf jeder Damentoilette ein Hygiene-Behälter befindet, fehlt ein solcher auf fast allen Herrentoiletten.

Die Folgen kann man erahnen: Der inkontinente Mann trägt, wenn er aus dem Hause geht, Vorlagen oder Windeln, damit Unterwäsche und Hose trocken bleiben. Diese werden spätestens dann, wenn sie feucht geworden sind, gewechselt. Doch dann stellt sich die schwierige Frage: Wohin mit der unsauberen Vorlage?

Da in den Herrentoiletten keine Hygienebehälter vorhanden sind, tragen die Männer ihre völlig durchnässten Windeln oder Vorlagen in inkommoder Art und Weise mit sich herum und werfen sie in irgendwelche öffentlichen Abfallbehälter, wo sie nach einiger Zeit (besonders im Sommer) wenig angenehme Gerüche entwickeln. Als Alternative sehen Männer nicht selten auch den Versuch an, die lästigen Vorlagen durch die Toilettenspülung verschwinden zu lassen, was in den meisten Fällen eine totale Verstopfung und damit eine teure Durchspülung der gesamten Anlage zur Folge hat.

Wir möchten alle Verantwortlichen und Beteiligten bitten, eine ganz einfache und zudem auch noch preiswerte Lösung des allzu menschlichen Problems zu schaffen:

Setzen Sie sich bitte dafür ein, dass in allen öffentlich zugänglichen Männertoiletten Hygienebehälter aufgestellt werden!

Diese simple Maßnahme würde allen Betroffenen das Leben deutlich erleichtern. Inkontinent zu sein, ist ohnehin schon schwer und belastend genug. Alle Ärzte kennen das Problem, und aus diesem Grunde unterstützen besonders auch die Chefärzte des neuen Siegener Prostatakarzinomzentrums, Prof. Peter Fritz und Dr. Johannes Spelz, unseren Wunsch nachdrücklich. Zusätzlich steht die große Männer-Organisation „Bundesverband Prostatakrebs-Selbsthilfe (BPS)“ hinter dieser Aktion.

Lothar Stock

(Gruppensprecher der BPS-Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Siegen)

 

Dieser offene Brief wurde am 12. Juli 2011 verschickt an

das Gesundheitsamt Siegen, den Seniorenbeirat der Stadt Siegen, den Landrat und den Kreisdirektor, den Bürgermeister und die Behindertenbeauftragten der Stadt Siegen, den Hotel- und Gaststättenverband, die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, die Prostatakrebs-Selbsthilfe Rheine (Projektinitiator), das DRK und die Diakonie mit seinen Koordinationsstellen für Selbsthilfearbeit in Siegen, die Kontinenz Selbsthilfegruppe Siegen, den Landesverband NRW Prostatakrebs-Selbsthilfe, den Bundesverband Prostatakrebs-Selbsthilfe, die regionale Presse, die Caritas und den Ev. Kirchenkreis in Siegen, die Krankenhäuser und Gerichte in Siegen, VdK, Sozialverband Deutschland u.a.m.

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